[Ein Gastbeitrag von Liz – kiddothekid.com: Liz ist nicht hauptberuflich Mutter, kommt sich aber manchmal so vor. Mit ihrer Familie wursteln sie sich in Berlin durch. DarĂŒber bloggt sie – mal selbstironisch, aber immer sehr humorvoll đ ]
Weil ich an diesem regnerischen Montag das dringende BedĂŒrfnis habe, mich jung und unabhĂ€ngig zu fĂŒhlen, treffe ich meinen Freund M zum Lunch in einem schicken japanischen Restaurant. M hat keine Kinder, dafĂŒr aber Wein, Weib und Gesang. Das Kiddo bleibt beim Papa, der sich dafĂŒr bestimmt bei der SpĂ€tkaufdame ein paar Lorbeeren abholen geht.
Damit ich nicht dem Klischee dieser grundsĂ€tzlich zu spĂ€t kommenden, hektischen Eltern mit fleckiger Oberbekleidung entspreche, nötige ich mir absolute PĂŒnktlichkeit ab und trage zu meinem total sauberen Acne-Hemd einen roten Lippenstift.
BemĂŒht entspannt flĂ€ze ich auf der extrem unbequemen japanischen Bank und sehe dabei gut aus. 20 Minuten spĂ€ter bin ich nicht mehr so entspannt, weil immer noch allein. Endlich hastet M durch die TĂŒr und lĂ€sst sich mit hektischer Gestik neben mich fallen. Er sieht aus, als habe er in seiner Kleidung geschlafen. Ich bin dezent verstimmt, weil er den
Glanz des Anlasses (ich habe KINDERFREI, Mensch!)
nicht zu wĂŒrdigen weiĂ. In diesem Moment brummt mein Handy und fragt mich im Auftrag des Mannes, ob ich das Kiddo denn noch gestillt hĂ€tte vor meinem Aufbruch â es sei nĂ€mlich sehr unleidlich und schwer zu beruhigen. Huch. Kacke. Habe ich glatt vergessen. Ich empfehle ihm die Zubereitung eines leckeren, sĂ€ttigenden Hirsebreis in dem Wissen, dass der nicht helfen wird. M sitzt geduldig neben mir, lauscht meinem gestressten SelbstgesprĂ€ch und wartet.
Weil wir uns lange nicht gesehen haben, beginnen wir mit dem ĂŒblichen Catch-Up-GesprĂ€ch: Was gibtâs Neues, arbeitest Du gerade, was macht denn der XY so? M erzĂ€hlt mir irgendwas von der GeiĂel aller Freiberufler: der SteuererklĂ€rung. Irgendwas mit Arbeitszimmer und einemâŠ
…ob das Kiddo sich mittlerweile beruhigt hat? Ich finde es so schrecklich, wenn es weint. HerzzerreiĂend. Jetzt weint es vielleicht, wĂ€hrend ich hier Maguro-Don esse. Ich bin eine schlechte Mutter…
…M schaut mich irgendwie fragend an. Verdammt, was hat er gefragt? Ich gucke wichtig und antworte: âNee, eigentlich nicht.â Das war anscheinend keine sinnvolle Antwort, denn M wirkt irritiert: âWie meinste das denn?â Zum GlĂŒck erlöst uns die Bedienung mit der Frage nach GetrĂ€nken und ich kann unauffĂ€llig das Thema wechseln.
Am Nebentisch nimmt ein sehr attraktives, gut gekleidetes Paar mit Baby Platz. Das Baby schlĂ€ft in einer Autoschale und sieht noch sehr neugeboren aus. Ich muss an die ersten Wochen mit dem Kiddo denken. Da war ich so unsicher und erledigt, dass ich mich nicht in ein Restaurant getraut hĂ€tte. Wie die Leute das immer schaffen, die ich hier ĂŒberall mit ihren Babys sehe. Wirkt so selbstverstĂ€ndlich bei denen.
âIst was?â fragt M. âDu bist so still.â
Achso, ja, die Unterhaltung!
Ich frage M nach diesem interessanten Auftrag, den er vorhin erwĂ€hnte, und höre auch tatsĂ€chlich seinen AusfĂŒhrungen zu. Ein bisschen vermisse ich meine Arbeit schon. Ob ich wohl wieder schnell reinkomme nach der Elternzeit? Mit all dem Schlafmangel, wie soll ich denn da was VernĂŒnftiges schreiben? Ich kann ja nicht mal zusammenhĂ€ngend denkenâŠob die Kunden mich dann in die berĂŒchtigte Mutti-Schublade stecken? M fragt prompt nach meinen beruflichen PlĂ€nen. âWeiĂ noch nichtâ antworte ich karg, denn mit meinen MĂŒtterbefĂŒrchtungen will ich ihm jetzt nicht kommen.
SchlieĂlich habe ich doch KINDERFREI, Mensch!
Das Baby nebenan fĂ€ngt an zu weinen. Es klingt so verzweifelt. Ich denke an das Kiddo. Ob es auch noch weint? Ob es denkt, ich kĂ€me nicht wieder? Wenn ich auf dem Heimweg vom Bus ĂŒberfahren wĂŒrde, könnte es sich spĂ€ter nicht mal an mich erinnern. Oh Gott, das darf ich nicht weiterdenken, sonst heul ich noch. AuĂerdem habe ich schon wieder den Faden der Unterhaltung verloren. Ich bin nicht nur eine schlechte Mutter, sondern auch eine schlechte Freundin. Am besten konzentriere ich mich darauf, stets einen vollen Mund zu haben und interessiert zu nicken. Ich nicke wohl ein bisschen zu manisch, denn M betrachtet mich immer wieder besorgt.
Beim Nachtisch bestelle ich Tee statt Kaffee.
âWegen dem Stillenâ, erklĂ€re ich unwillkĂŒrlich. âSie schlĂ€ft doch sowieso schon so schlecht.â
M lĂ€chelt. âJetzt haben wir gar nicht ĂŒber Euch gesprochen.â, sagt er. âErzĂ€hl mal!â
âAchâ, sage ich lĂ€ssig. âIch muss doch nicht immer ĂŒber mein Kind sprechen. Ich hab schlieĂlich noch ein eigenes Leben.â
âJa, schon klar. AuĂerdem hast Du da wasâ zeigt er ungeniert auf meine BrĂŒste.
Mist. Das vergessene Stillen rĂ€cht sich, die blöden Dinger laktieren in der Ăffentlichkeit herum. M wirft pragmatisch seinen Schal ĂŒber mein feuchtes T-Shirt.
âUnd jetzt zeig schon her, die ganzen Babyfotos, die Du Dir seit einer Stunde verkneifst.â Ich zĂŒcke mein Handy.
Zum GlĂŒck habe ich so gute Freunde.
– Liz –
Jessi meint
Gut gelacht đ – danke, nach dem heutigen Tag echt mal gebraucht!
Marina Peters meint
Hey,
freut mich, dass dir der Beitrag von Liz gefallen hat đ
Marina Peters meint
Hey Sarah,
darin konnte ich mich auch gut wiedererkennen đ
Andrea Harmonika meint
Sehr schön und so peinlich wahr =D <3
Marina Peters meint
Als Mami muss man auch mal herzlich ĂŒber sich selbst lachen… Es Ă€ndert nicht die UmstĂ€nde, aber macht einiges einfacher zu ertragen, oder? đ
Beate meint
„die blöden Dinger laktieren in der Ăffentlichkeit herum“ – konnte mich kaum halten đ
Die Mischung aus peinlich & witzig bringt’s, stimme Andrea zu đ
Marina Peters meint
Diese Mischung beherrscht Liz als Bloggerin ziemlich gut đ
kiddo the kid meint
Danke fĂŒr die Blumen, Ihr alle!
Mittlerweile ist das öffentliche Laktieren zum GlĂŒck kein Problem mehr. Aber damals war es eine GeiĂel. Habe monatelang keine grauen Oberteile mehr getragen. Grau ist laktationsmĂ€Ăig der Super-GAU.
Marina Peters meint
Die „Blumen“ hast du verdient *Daumen hoch* đ
Ina meint
oh je, zum GlĂŒck bin ich nicht die einzige, die so ist;)
Marina Peters meint
Ich denke, wir Mamas sind uns manchmal Ă€hnlicher als wir glauben…
Ina meint
Dazu passt der Film „Mom’s Night Out“ đ
Marina Peters meint
Der Trailer war witzig, schaue ich mir an. Danke fĂŒr den Tipp đ