Fehler?
Niemand gibt gerne Fehler zu. Ich meine, wirklich niemand gesteht gerne ein, dass er Mist baut…
Die jüngsten Ereignisse in meinem Umfeld haben mich zum Nachdenken gebracht. So „einfach“ kann das also laufen. Die Ehe scheitert, die Entscheidung für die Trennung wird gefällt und Familie sowie Freunde vor diese Tatsache gestellt. Nach Antworten suchen alle. Alle, denen dieses Paar etwas bedeutet.
Denn irgendwie führt so eine Trennung oft auch dazu, dass zwei Fronten entstehen. Entscheide dich. Wessen Geschichte glaubst du? Was denkst du, wer die Fehler gemacht hat? Wer ist schuld an der Trennung? Wenn Kinder mit im Spiel sind, wird es erst oft richtig kompliziert.
Es gibt keinen Gewinner. Denn unabhängig von der Schuld, tragen alle Beteiligten Verletzungen davon.
In jeder Beziehung gibt es diese Phasen.
Phasen, in denen man als Paar Veränderungen oder anstrengende Zeiten durchzustehen hat. Aber nichts verändert eine Beziehung so stark, wie die Geburt eines Kindes. Nein, die Veränderung muss nicht unbedingt negativ sein. Aber einfach ist es eher nicht.
So fährt man eine Hormonautobahn während der Schwangerschaft und auch in der ersten Zeit nach der Geburt. Hat man auch das durchgestanden, kommt noch eine Runde, wenn man abstillt.
Ein Auf und Ab zwischen unglaublicher Freude, unfassbarem Glück und dem beängstigenden Gefühl ‚in der Luft zu hängen’… Den Boden unter den Füßen zu verlieren…
Was fehlt?
„Eltern werden, aber Paar bleiben“.
Diesen Satz finde ich zum Kotzen. Warum? Na, weil er so oft von Nicht-Eltern kommt. Von denen, die nicht nachvollziehen können, wie es ist, wenn du wirklich Monate und Jahre lang an Schlafmangel leidest. Die es nicht wirklich verstehen, dass wenn du heim kommst, du nicht einfach mal entspannen kannst. Die (noch) nicht wissen, dass du nicht im Bett bleiben kannst, wenn du mal krank bist.
Wenn du keine spontane Betreuung organisieren kannst, ziehst du trotzdem alles durch. What?! Ja, was denn sonst.
Eltern zu werden ist wirklich schön. Aber es ist auch eine Herausforderung. Eine Umstellung. Tja, und da sich Kinder rasant entwickeln, musst du alles auch immer mal wieder anpassen. Es bleibt also spannend und erfordert ein hohes Maß an Kommunikation zwischen den Partnern. So viel zur Theorie.
Die Realität ist aber nicht so simpel. Leider gibt es keine Standardlösung, die du auf jede Situation anwenden kannst.
Was also tun, wenn es mal nicht so rund läuft?
Dann mache doch einen kurzen Check, ob euch vielleicht einer dieser Fehler unterläuft. Das ist meine persönliche Top-10 nach rund zehn Jahren Beziehung, sechs Jahren Ehe und mittlerweile zwei Kleinkindern.
Fehler #1: Deine Konzentration und Aufmerksamkeit gilt nur den Kindern und nicht deinem Partner
Vor allem den Babys und Kleinkindern kannst du nicht mal eben „Chill‘ mal“ sagen. Sie fordern von ihren Eltern einen 100%-igen Einsatz ab. Zur Not wird immer wieder mal nachgeholfen, denn wehe Mama/Papa guckt nicht.
Wenn die Kinder dann abends wirklich im Bett sind (wobei bei Babys und Kleinkindern die Tageszeiten nicht immer aussagekräftig sind), sind die Eltern auch hundemüde. Die Laute, die dann aus dem Schlafzimmer zu hören sind, sind alles andere als sexy.
Aber man sollte sich „nicht aus den Augen verlieren“ – ein paar Nettigkeiten, welcher Art auch immer haben wir alle verdient. Jeder Held verdient seinen Lohn.
Fehler #2: Keine Zweisamkeit
Bei manch einem Kind ist es ein ganzes Kunststück etwas Raum für Zweisamkeit zu schaffen. Doch Zweisamkeit ist enorm wichtig. Egal welcher Art. Vor allem für die Frau sind die Augenblicke wichtig, in denen ausnahmsweise nicht sie jemanden im Arm hat.
Es sind die Augenblicke wichtig, in denen wir uns fallen lassen können. Du musst dann nicht mehr ’stark sein‘, dich um jemanden kümmern bzw. die Heldin im Familienuniversum sein – zurücklehnen und durchatmen.
Fehler #3: Sich nicht absprechen
Man kommt eigentlich nicht drum rum, zu besprechen, was alles ansteht. Warum? Um Missverständnisse und falsche Erwartungen zu vermeiden. Es erspart eine Menge Stress, wenn jeder weiß, wofür er zuständig ist. Die Zeit dafür solltest du dir nehmen.
Mein Mann und ich nutzen einen Familienkalender mit allen fixen Terminen wie Trainingszeiten der Kids usw. Da tragen wir alle anstehenden Termine ein. Wenn irgendwelche Änderungen vorgenommen wurden, wird der andere automatisch benachrichtigt. Außerdem versuchen wir immer die Woche in groben Zügen vor zu besprechen, um zumindest alles Planbare zu organisieren. Planänderungen kannst du aber nicht vermeiden und so bleibt Flexibilität trotzdem das Wichtigste.
Fehler #4: Gegenseitige Vorwürfe
Missverständnisse und unerfüllte Erwartungen führen zwangsläufig zum Streit. Die größte Waffe gegen den eigenen Partner? Ja, natürlich sind es Vorwürfe.
Vorwürfe sind wie eine mittelalterliche Steinschleuder und die Beziehung ist die Burg, die angegriffen wird. Man meint vielleicht, es gibt zwei Königreiche, zwei Burgen – doch da ist nicht war. Sowohl die Steine des Partners, als auch die eigenen fliegen in die gleiche Richtung. Sie zerstören ein und dieselbe Burg – nämlich eure Liebe, eure Beziehung.
Die Lösung hierfür ist simpel: Keine Vorwürfe. Franz Kafka sagte ziemlich treffend:
„Was ist Liebe? Das ist doch ganz einfach! Liebe ist alles, was unser Leben steigert, erweitert, bereichert. Nach allen Höhen und Tiefen. Die Liebe ist so unproblematisch wie ein Fahrzeug. Problematisch sind nur Lenker, die Fahrgäste und die Straße.“
Fehler #5: Mangelnde Konfliktlösung
Menschen, die behaupten Streitigkeiten halten eine Liebe heiß, haben keine Ahnung. Ständige Konflikte führen nicht dazu, dass man öfter heißen Versöhnungssex hat. Das mag in schlechten Hollywood-Filmen so sein, aber sicher nicht in der Realität. Ständige Konflikte führen dazu, dass man beginnt den Partner auf Abstand zu halten.
Diese Distanz führt auf Dauer zur Entfremdung. Sätze wie „Wir haben uns entfremdet“ und „Wir haben uns auseinander gelebt“ sind die Resultate davon. Gary Chapman schreibt in seinem Buch „Streinthähne & Turteltauben“:
„Ungelöste Konflikte jedoch werden schnell zu Mauern und Barrieren für Harmonie. Das Leben wird zum Schlachtfeld, und Mann und Frau werden zu Feinden. Mithilfe von verbalen Minen und Bomben kämpfen sie dieselben Kämpfe immer und immer wieder und fügen sich Verletzungen zu, die sie nur noch weiter auseinander bringen.“
Du solltest dich also immer bemühen, einen Konflikt zu klären und nicht einfach im Raum stehen zu lassen. Es gibt ein wichtiges Prinzip: Niemals im Streit schlafen gehen.
Fehler #6: Vergangenes immer wieder neu auftischen
Wenn ihr als Paar nicht schafft die Konflikte wirklich zu lösen, dann werden sie immer wieder auftauchen. Bei nahezu jeder Auseinandersetzung. Die alten Konflikte und vergangene Vorwürfe werden in einer riesigen schwarzen Cloud gesammelt und bei Bedarf dem Partner mit voller Wucht gegen den Kopf geschmettert.
Die Frage ist dann nur, wie lange wird eine Beziehung bzw. der Partner es durchhalten? Je größer aber die Verletzungen, desto härter die Vorwürfe, um seinen Partner ähnlich zu verletzen. Bis irgendwann mal der Stein in der Schleuder so groß ist, dass er auch den letzen Stück der Beziehungsfestung niederschlägt.
Deshalb ist es umso wichtiger Konflikte lösen zu lernen. Das bedeutet wiederum, dass alles, was gelöst wurde, „vergeben und vergessen“ ist. Macht es euch zu einer Familienregel: vergangene Konflikte bzw. Fehler des anderen werden nie wieder erwähnt.
Fehler #7: Einander nicht wirklich zuhören
Zuhören ist das A und O in einer Beziehung. Gutes Zuhören lässt uns das ganze Bild sehen bzw. den Konflikt als Ganzes verstehen. Wir sehen dann nicht nur ein Bruchstück, sondern verstehen auch die Gefühle unseres Partners dahinter.
„Dabei hat das Wort gut eine zentrale Bedeutung, weil viele Paare glauben, dass sie sich zuhören. Tatsächlich laden sie aber nur ihre eigenen Wortkanonen neu, während der andere spricht.“
– Gary Chapman
Natürlich ist hier die Voraussetzung, dass du den eigenen Partner auch wirklich verstehen willst.
Fehler #8: Keine Wertschätzung
Bei Wertschätzung geht es nicht darum, dass man für alles und immer „Danke“ sagt. Je größer die Familie, desto besser wäre es, wenn der Großteil der Aufgaben klar verteilt ist. Dabei sollten auch unbedingt die Kinder eingebunden werden. Es versteht sich eigentlich, dass jeder seinen Teil erledigt. Trotzdem ist es schön, dafür Anerkennung zu bekommen.
Unabhängig davon, wie lange eure Beziehung bereits besteht, sollte sich keine Selbstverständlichkeit einstellen. Wenn wir unseren Partner schätzen, dann zeigen wir es durch Taten.
Fehler #9: Keine Mühe, keine Überraschungen
Jeder mag es, umworben und verführt zu werden. Diese Momente, die plötzlich etwas Neues, etwas Unerwartetes in dein Leben bringen. Dieses Gefühl, wenn du aufgeregt bist und es im Bauch kribbelt…
Sei mal ehrlich. Hierbei denkst du an etwas Großes, oder?
Doch gerade Kleinigkeiten bewirken Großes in unserem Alltag. Ein Post-It am Spiegel mit „Ich liebe dich“ drauf, eine nette Geste usw. Ich mag es z.B., wenn ich aufstehe und der Kaffee schon fertig ist. Diese Kleinigkeit zeigt mir, dass mein Mann an mich gedacht hat.
Fehler #10: Übertriebene Erwartungen an deinen Partner und ständiger Druck
Im Laufe unseres Lebens begegnen wir vielen Mythen rund um das Thema Liebe, Beziehung, Kinder usw. Auch die Medien beeinflussen unsere Vorstellung. Und so erwarten wir manchmal unmögliche Dinge von unseren Partnern, setzten sie unwillentlich unter Druck. Bis die Selbstzweifel und der Unmut des Partners so groß werden, dass es zum Vulkanausbruch kommt.
Oft machen wir uns das Leben gegenseitig schwer, obwohl wir eigentlich das Gleiche suchen. Wir suchen nach Anerkennung und Wertschätzung für das, was wir tun. Wir suchen nach Verständnis und dem Gefühl angekommen zu sein. Wir suchen danach, uns wohl und geborgen zu fühlen in unserem zu Hause.
Wir sind Menschen, keiner von uns ist perfekt oder fehlerfrei – weder dein Partner, noch du. Das dürfen wir nicht vergessen.
Wir suchen nach gegenseitiger Liebe – all das finden wir in unserer Beziehung, wenn wir diese Fehler hinter uns lassen.
„Hast du einen Menschen gern, so musst du ihn versteh’n. Musst nicht immer hier und da, seine Fehler seh’n. Schau mit Liebe und Verzeih‘, denn am Ende bist du selbst nicht fehlerfrei.“
– Johann Wolfgang von Goethe
Jessi meint
Danke für diesen Beitrag, Marina…
Ich seh da leider nur ein Problem und zwar, dass der Partner nur in dir die Fehler sieht und halt gar nicht in sich selbst :/ Und gerade, wenn man ein Baby hat, muss Verständnis dafür da sein, dass die Beziehung eben zurückstecken muss…
Marina Peters meint
Hallo Jessi,
natürlich die ersten Monate nach der Entbindung sind nicht einfach. Beide Partner müssen verstehen und einsehen, dass sich ein paar Dinge ändern – aber: die Beziehung zwischen Mann und Frau darf nicht vernachlässigt werden. Es macht nämlich unsere Kinder glücklich, wenn die Eltern glücklich sind 🙂
Wenn wir es lernen die Konflikte und Meinungsverschiedenheiten zu lösen und Zufrieden sind in unseren Beziehungen, haben wir auch mehr Kraft und fühlen uns unterstützt + als Team in allem, was ein Kinder/Kinder mit sich bringen 😉